Hanns Holger Rutz

Tagfalter

Der Tagfalter ist ein tagaktiver Schmetterling (im Gegensatz zum Nachtfalter), was auf Vorbilder aus dem Reich der Insekten hinweist. Das Falten bezeichnet nicht nur den Flügelschlag des Schmetterlings,... Mehr lesen

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Über Tagfalter

Der Tagfalter ist ein tagaktiver Schmetterling (im Gegensatz zum Nachtfalter), was auf Vorbilder aus dem Reich der Insekten hinweist. Das Falten bezeichnet nicht nur den Flügelschlag des Schmetterlings, sondern ist auch der Fachbegriff für ein digitales Signalverfahren („Faltung“), das im Stück wiederholt angewendet wird. Jeder der fünf Netzknoten durchläuft einen Zyklus verschiedener Modi, in der Regel in der Reihenfolge „Krypsis“, „Raumerkennung“, „Raumklangfarbe“ und „Beschleunigung“, unterbrochen von zufälligen Momenten der „Stille“ und „Freude“.

Krypsis ist die Fähigkeit eines Organismus, sich der Beobachtung oder Entdeckung durch andere Organismen zu entziehen. In diesem Modus kann man eine Art Atmen wahrnehmen, das abwechselnd Klanginformationen vom Mikrofon erhält und eine „zeitlich verschwommene“ Version dieser Informationen als hörbares Signal wiedergibt, das sich derart in der bestehenden spektralen Artikulation des Raums versteckt und mit der Unterscheidung von Vordergrund und Hintergrund spielt.

Raumerkennung gibt eine Reihe so genannter Sweeps aus, zwitschernde Töne von einigen Sekunden Dauer, die sich von niedrigen zu höheren Frequenzen bewegen. Durch die Beobachtung der Echos dieser Töne erstellt der Knoten ein internes Bild des (geometrischen) Raums um ihn herum, das in die geschätzten Abstände reflektierender Oberflächen übersetzt wird. Dieses Bild informiert anschließend die Parameter aller anderen Modi, die am deutlichsten in der Raumklangfarbe wahrnehmbar sind, die diese Abstände in Frequenzen übersetzt und so eine intern modulierte harmonische oder inharmonische Sphäre erzeugt. Wenn sich mehrere Knoten gleichzeitig im Raumklangfarbe-Modus befinden, kann man gut die verschiedenen harmonischen Sphären erkennen, die sich aus den einzelnen Standorten der Knoten ergeben.

Die Knoten kommunizieren untereinander mit einer einfachen Technik, dem so genannten Frequenz-Keying. Ein von allen Knoten verstandenes Frequenzpaar wird von einem Knoten verwendet, um den anderen mitzuteilen, dass er im Begriff ist, seine Raumerkennung durchzuführen, und um seine Identität (ein separates Frequenzpaar) mitzuteilen, die sich aus dem erkannten Raum ergibt. Unter Verwendung dieser einzelnen Frequenzen sind dann ab und an Ausbrüche von Freude zu hören, die wie ein ähnliches Kommunikationssignal klingen, aber auf diesen eigenständigen Frequenzen beruhen. Wenn ein anderer Knoten dies bemerkt, antwortet er mit seinem eigenen Signal.

Kurz nachdem ein Knoten von der Sonne geweckt wurde, beginnt er, ein „Hochgeschwindigkeitsbild“ seiner akustischen Umgebung zu sammeln, das schließlich als Modus Beschleunigung zu hören ist. Hierbei wird das Hochgeschwindigkeitsbild wiedergegeben, wobei viel höhere Frequenzen und ein schnelleres Tempo als bei der ursprünglichen Szene auftreten, und zwar mit einem Faktor von dreißig bis sechzig. Dadurch werden sehr tiefe Frequenzen und langsame Rhythmen der Umgebung, wie z. B. das Beschleunigen und Abbremsen von Fahrzeugmotoren, als seltsames Zirpen hörbar. Laute Impulse werden zu Klickgeräuschen. Oft sind auch sehr niederfrequente Windgeräusche zu hören, die eher wie das Zerknittern von Papier wirken. Auch wenn man im Beschleunigungsmodus „Stimmen“ oder „Vögel“ wahrzunehmen vermeint, haben diese Geräusche ganz andere Ursprünge, und der Modus ist so angelegt, dass keine menschlichen Stimmen aufgefangen werden können, um jede Art von Überwachung der Passanten zu vermeiden.

Der Entstehungsprozess dieses Stücks ist auf der Plattform Research Catalogue dokumentiert.

Link zum GitLab Repository

Code herunterladen: https://gitlab.mur.at/pirro/klangnetze/-/tree/main/tagfalter